Reise nach Jerusalem (Tag 9): Jerusalem! Stadt voller Mythen und Geschichten

09-125756-b109.10.2016

Heute ist es mal wieder Zeit früh aufzustehen. Ich will zum „Mount of Olives“. Dem Ölberg. Von dort soll der Sonnenaufgang besonders schön sein. Mit einem Taxi geht es die steilen Gassen den Berg hinauf. Die Aussicht auf Jerusalem ist wunderschön. Vor mir ziehen sich Gräber den Berg hinter und aus der Stadt sind die Kirchenglocken zu hören. Langsam klettert die Sonne über den Ölberg und die goldene Kuppel des Felsen Doms leuchtet in der Morgensonne. Ein toller Start in den Tag. Anschließend gibt es erst einmal Frühstück im Hostel. Bevor meine Stadtführung gegen Mittag startet, statte ich dem König David Museum noch einen Besuch ab. Vom Turm der Zitadelle gibt es ebenfalls eine tolle Aussicht auf die Altstadt. Nur eben von der gegenüberliegenden Seite wie heute Morgen.

Die Stadtführung startet am Jaffa-Tor und führt zunächst durch das armenische Viertel zum Berg Zion mit der Zionskirche. Hier ist der Ort,  an dem das letzte Abendmahl aus dem neuen Testament stattgefunden hat. Oder besser stattgefunden haben soll. Denn es gibt noch weitere Orte, die dieses Ereignis für sich reklamieren. Aber vom Dach der Kirche hat man einen tollen Blick auf die Gräber die sich den Ölberg hinauf ziehen. Der nächste längere Halt ist an der Klagemauer. Nach einem Sicherheitscheck wie am Flughafen stehe ich direkt vor der alten riesigen Klagemauer. In den Mauerritzen stecken unzählige kleine Zettel. Viele Juden beten direkt an der Mauer. Ich empfinde es als etwas Besonderes ebenfalls die Mauer berühren zu dürfen. Hier herrscht eine ganz besondere Stimmung. Und nur wenige Meter oberhalb dieser Mauer liegt ein weiteres Heiligtum: Der Felsendom. Allerdings ist dieser zur Zeit ein muslimisches Heiligtum. Der Felsendom war aber, wie viele andere heilige Stätten in dieser Stadt, auch einmal eine christliche Kirche und vor langer langer Zeit hat hier einmal der heiligste Tempel der Juden gestanden.

Um zum Felsendom zu gelangen muss ich wieder einmal durch eine Sicherheitsschleuse. Diese Schleuse und die Verwaltung des Felsendoms und der Al Aksa-Moschee, die ebenfalls auf dem Tempelberg liegt, liegt in palästinensischer Hand. Der Tempelberg hat etwa zehn Zugänge, aber nur einen einzigen Zugang für Nicht-Muslime. Extra für diesen Zugang wurde eine Holztreppe in der Nähe der Klagemauer errichtet. Von dieser Brücke aus kann man die enormen Ausmaße der Mauer kennen. Rechts von der Brücke haben Ausgrabungen die Mauer bis hinab zur Marktstrasse zur Zeit König Davids freigelegt. Sie ist fast doppelt so hoch, wie der Teil, der heute von den Juden als Klagemauer „genutzt“ wird und auf unserer linken zu sehen ist.

Auf den Tempelberg mit dem Felsendom und der Moschee dürfen keine religiösen Symbole mitgenommen werden. Auch Juden gehen durch diese Schleuse, allerdings müssen sie die Schuhe ausziehen und bekommen beim Betreten des Tempelberges eine palästinensische „Eskorte“ an die Hand. Diese Polizisten kontrollieren ob die Juden in dieser zur Zeit muslimischen Stätte beten. Denn beten ist dort nur Muslimen gestattet. Aber da hier der Tempel Davids stand ist dieser Ort auch für  Juden heilig und ebenso für Christen.

Oben auf dem Tempelberg ist es plötzlich wie in einer anderen Welt. Hier sind viel weniger Menschen, was auch daran liegt, dass nicht sehr viele Touristen auf den Tempelberg gelassen werden. Es ist viel ruhiger und das Gelände ist viel weiträumiger. Ein kleiner Olivenhain ist hier zu finden, aber auch einige Schatten spendende Pavillons. Und über allem thront mit riesiger goldener Kuppel der Felsendom. Die dazu eher kleine und schlichte Al-Aksa Moschee hätte ich beinah übersehen.

Auch hier laufen einige ziemlich schwer bewaffnete Sicherheitskräfte umher. Leider ist uns der Zutritt zum Felsendom zur Zeit nicht gestattet. Später erfahre ich, dass es am Morgen etwa 20 Minuten entfernt einen Anschlag gegeben hat und dabei zwei Menschen ums Leben gekommen sind. Wir dürfen heute also den Felsendom nur von außen betrachten. Aber auch das ist schon unheimlich beeindruckend. Die goldene Kuppel, die kunstvollen Mosaiken und die leuchtenden Farben ziehen mich in ihren Bann.

Der letzte Abschnitt unserer Stadtführung führt uns den Weg der Kreuzigung Jesu entlang. Von der Verurteilung Jesu geht es an den einzelnen Stationen vorbei. An der Stelle an der Jesus sich an einer Mauer abgestützt hat und man seinen Handabdruck noch heute sieht. Aber auch an dem Ort, an dem Jesus das Gesicht gewaschen wurde. Und immer wieder steht dort eine Kirche. Der letzte Halt ist dann die Grabeskirche. Ich war bereits gestern an diesem Ort und heute ist es nicht ganz so voll wie am Tag zuvor. Hier wurde in einem Teil der Kirche Jesus gekreuzigt, in einem anderen Teil wurde er begraben und ein paar Meter entfernt ist er zum Himmel gefahren. Diese einzelnen Orte sind nur wenige Meter voneinander entfernt. So nah, dass man von einem Ort zum anderen herüberrufen kann , ohne schreien zu müssen. Ja, so klein kann Jerusalem sein. Und weil an dieser Stelle ja noch nicht genug Kapellen sind, gibt es unterhalb dieser Kirche, also im Kellergeschoss noch eine kleine Kirche an dem Ort, an dem das Kreuz Jesu gefunden wurde. Nicht zu vergessen, der Felsspalt mit der rötlichen Tönung, durch die das Blut von Jesus geflossen sein soll. Tja, ich überlasse die Einordnung von Mythos und Wahrheit jedem selbst.

Am späten Nachmittag schlendere ich noch mit Martin, den ich auf der Stadtführung kennengelernt habe über einen Markt mit vielen Früchten und leckeren Süßigkeiten. Martin erzählt mir von seinem leben als digitaler Nomade. Er ist selbstständiger Programmierer und arbeitet überall auf der Welt, wo er gerade Lust hat zu arbeiten. Zur Zeit in Jerusalem auf der Dachterasse seine Hostels. Er sucht sich seinen Arbeitsplatz nach einem schönen sonnigen Platz aus und genießt bei der Arbeit auch noch ganz nebenbei Urlaubsfeeling. WOW!

Was für ein erlebnisreicher Tag! Und ganz zufällig treffe ich auch noch Peter, Uli und Rose wieder, als ich meine Tour nach Petra (Jordanien) in den nächsten Tagen buchen möchte.

Den Abend genieße ich bei einer Live-Jazz-Session in meinem Hostel bei mitgebrachtem frischen Brot, Oliven und Käse.