Irland #07: Der Zufall führt mich zu einem beeindruckenden Ort

05. Juni 2019

Gleich nach dem Frühstück mache ich mich wieder auf den Weg. Heute habe ich gar nicht so viel Fahrzeit eingeplant. Aber wie ich mich kenne, fahre ich dann mal links oder rechts noch einen kleinen Abstecher entlang und schon dauert’s wieder länger. Also breche ich um kurz nach 8 Uhr morgens auf. Und den ersten Abstecher mache ich bereits nach ein paar Kilometern. In einer Bucht liegt idyllisch ein kleiner Hafen. Die Landschaft ist auch nicht mehr so bergig wie in den letzten Tagen. Hügel gibt es noch immer, aber das Land fällt relativ flach und mit einem Strand ins Meer ab. Auch gibt es überall kleine Seen in Der Landschaft noch kleinere Inseln. Die Wiesen sind mit Mauern aus Felsen eingerahmt und in kleine Parzellen eingeteilt. Auf einigen Weiden sind Schafe unterwegs. Umso weiter ich in den Norden komme, umso mehr große Felsen liegen auf den Wiesen herum.

Da gerade Ebbe ist, liegen die Algen braun auf den Felsen, die sonst bei Flut von Wasser bedeckt sind. Immer wieder komme ich durch kleine Städtchen ihren bunten Häusern. Grün, rot, gelb, blau. In grellen Farben sind die Häuser angemalt und leuchten richtig in der Sonne. In den Buchten liegen traumhafte weiße Sandstrände mit einem leuchtend blauen Wasser. Am Wegesrand liegen auch immer wieder verlassene Burgen, die dem Verfall preisgegeben sind. Und manchmal grasen die Kühe nicht nur auf den Wiesen außerhalb der Ruinen, sondern ab und zu schaut auch mal eine Kuh aus einem Fenster eines alten Herrschersitzes.

Eigentlich hatte ich mir am Wegesrand einen kurzen Wanderweg aus einem Wanderführer herausgesucht. Aber am Startpunkt liegen Schafe auf der Wiese und der Weg ist versperrt mit einem Schild: Private property. Schade. Stattdessen halte ich einige Kilometer weiter an einem kleinen Parkplatz. Ein Schild weist auf einen “Entdecker Weg” hin. Also schnappe ich mir meine Kamera und gehe halt diesen Weg. Der Ort heißt Derrigimlagh. “A place of wonder, Innovation and daring”.

Rechts und links vom Weg gibt es jede Menge Torffelder und auch eine Menge Schafe. Eine ziemlich flache Landschaft liegt vor mir, mit kleinen Hügeln und einigen großen Bergen im Hintergrund. Hinter einem dieser kleinen Hügel erfahre ich dann an einem Unterstand mehr über diesen Ort. Hier baute der Telekommunikations-Pionier Marconi 1907 die erste Telegrafenstelle zwischen Europa und Amerika auf. Auf dem Gelände mitten in den Moor- und Torfhügeln sind keine Gebäude mehr erhalten, da die Telegrafenstation 1922 während des Bürgerkriegs zerstört wurde. Stattdessen sind  bei den Ruinen Hinweistafeln und Bilder aus Glas aufgestellt, durch die man die Gebäude auf Fotografien von damals in der Landschaft sehen kann. Und über eine kleine Kurbel kann man Strom erzeugen um eine Audio-Datei abzuspielen. Klasse gemacht. So erfährt man einiges über die riesige Funkanlage, den enormen Kondensator, der so groß wie ein Haus war, und auch über die 40 Menschen, die hier arbeiteten. Allein diese Station ist schon ein geschichtliches Highlight und wegweisend in der Telekommunikation. Aber ganz nebenbei gibt es noch ein einmaliges historisches Ereignis dass hier stattgefunden hat. Im Jahr 1919 ist der erste Transatlantik-Flug, der in Neufundland gestartet ist hier gelandet. Naja, es war eher eine Bruchlandung, denn der weiche Torfboden sah von der Luft aus wie eine Wiese. Bei der Landung ist das Flugzeug dann aber im Torf steckengeblieben und vorne übergeschlagen. Dafür konnte die Telegrafenstation dann sofort das Ereignis nach Amerika telegrafieren. Der Ort der Bruchlandung ist heute mit einer Art Raketenspitze markiert. Als ich nach 1,5 Stunden wieder in mein Auto steige bin ich richtig froh, dass ich eher zufällig hier angehalten habe. Das hätte ich von der Straße aus nicht erwartet.

Bei meiner Weiterfahrt lasse ich mich wieder etwas treiben und biege auf die “Sky Road” ab. Hier gibt es das Clifden Castle zu entdecken. Das kleine Märchenschloss liegt an der Küste inmitten von ein paar grasenden Kühen. Die Ruine ist teilweise von rankendem Grün bedeckt und erinnert ein wenig an Dornrösschen. Als ich die Sky Rod weiter entlangfahre werde ich mit sagenhaften Ausblicken bei schönstem Sonnenschein belohnt. Unter mir liegen ein dutzend Inseln im blauen Atlantik. WOW!

Mein Ziel Letterfrack ist nur wenige Minuten entfernt und ich mach noch einen Spaziergang hinterm Visitor Center. Eigentlich dachte ich, ich könnte noch auf dem Berg mit dem Namen Diamond Hill hochklettern, aber auf halbem Weg erfahre ich, dass meine Route nach einiger Zeit gesperrt ist. Den Umweg zum Gipfel nehme ich mir dann doch besser für den nächsten Tag vor. Zeit für’s Abendessen.