20.Januar 2019
Ich habe meinen Wecker auf 8:30 Uhr gestellt. In Deutschland zeigt die Uhr zur gleichen Zeit 3 Uhr morgens an. Ich versuche mich möglichst schnell an die Zeitumstellung zu gewöhnen. Und da heißt es dann die nächsten Tage weiter den Wecker stellen und aus dem Bett quälen.
Nach einer erfrischenden Dusche und einem kleinen Frühstück mache ich mich auf den Weg. Nur etwa 1,5km entfernt ist das “Red Fort”, dass ich mir heute als erstes anschauen möchte. Direkt vor dem Hostel geht es hinunter in die U-Bahn. Ein anderer Gast aus meinem Zimmer erzählte mir, dass es mit der Bahn nur 2-3 Stationen sind. Aber ich entscheide mich für den Fußweg. Ich will die Stadt entdecken und das geht am besten zu Fuß.
Nicht weit entfernt vom Hostel steht ein Denkmal des ersten indischen Präsidenten vermute ich. Und drum herum sind hunderte Tauben. Und passend dazu mehrere Taubenfutterverkäufer. Die Jungs verkaufen aus ihren großen Säcken das Taubenfutter gleich im Kilo an die Passanten, die damit die Tauben füttern. Und deshalb hat der Präsident auch eine Menge Taubenscheiße auf dem Kopf 🙂
An den Linksverkehr muss ich mich erst noch gewöhnen. Ich schaue beim Überqueren der Straße immer in die falsche Richtung. Aber die Lastenfahrräder, die teilweise über 3m hoch beladen sind, sind auch schwer zu übersehen.
Das Rote Fort ist nicht nur rot, sondern auch riesig! Hier herrschten vor Jahrhunderten Könige und Maharadschas. In großen Hallen und luftigen Pavilions lebte der Herrscher mit seinem Gefolge in einer weitläufigen Parkanlage mit Flüssen, Seen und Bächen. Die Architektur besticht mit seinen spitzen und geschwungenen Bögen. Die Wände und Säulen aus Marmor sind mit feinen Ornamenten und Blumen geschmückt. Eine Augenweide. Und zwischen den Gebäuden huschen die Eichhörnchen über den Rasen. Hier ist es als Kontrast zum lauten hupenden Strassenverkehr angenehm ruhig. Ich werde auch immer wieder von den Indern nach einem gemeinsamen Foto gefragt. Das passiert einem als Europäer in Asien ja auch öfter mal.
Um einen nervenden Fahrradrikschafahrer abzuhängen fliehe ich später in einen McDonalds. Der Rikschafahrer will mich unbedingt vor allen Gefahren in Delhi beschützen, und außerdem will er mir noch so viele Dinge zeigen. Und teuer ist er ja auch nicht. Aber ich will nicht. Und mein NEIN verständlich rüberzubringen ist nicht einfach, denn in Indien hat Kopfschütteln die gleiche Bedeutung wie bei uns in Europa ein “Nicken”: Kopfschütteln heißt JA.
Über den Basar in “Old Delhi”, der aus kleinen Gassen bestehenden Alstadt in Delhi, schlendere ich nach der McDonalds-Pause zur “Jama Masjid”. Die Jama Masjid ist die Freitagsmoschee und fasst bis zu 20000 gläubige Muslime. Indien hat etwa 1,2Milliarden Einwohner und davon sind etwa 180 Millionen Muslime. Am Eingang zur Moschee heißt es wieder Schuhe ausziehen. Ein alter Herr wacht hier über die Schuhe und dafür bekommt er anschliessend ein paar Rupien. Der größte Teil der Moschee liegt unter freiem Himmel. Der Innenplatz ist ziemlich ruhig. Den Straßenverkehr von draußen hört man nur in der Ferne. Überall auf dem riesigen Platz sind Menschen. Einige sitzen mit ihren Familien auf dem Boden und nehmen ihr Mittagessen ein, andere liegen auf dem Boden und halten ein Nickerchen, ein paar Kinder laufen durch die Haufen mit Taubenfutter und natürlich sind auch viele gläubige Muslime in ein Gebet vertieft. Ich setze mich auch einfach auf den Boden und beobachte das Leben in dieser Moschee.
Für 100 Rupees darf man auch auf ein Minarett der Moschee steigen. Ein Minarett ist der große Turm, von dem der Muezin zum Gebet ruft. Das mach ich doch glatt! Die Treppe ist extrem schmal und wenn Gegenverkehr kommt, dann heißt es quetschen! Oben auf dem Minaret ist es noch viel enger. Als ich meine Kamera über den Kopf halte um ein paar Fotos von ganz oben zu machen, bekomme ich die Arme gar nicht mehr heruter, so voll ist es hier oben. Aber die Aussicht auf die in einer Dunstglocke liegende Hauptstadt von Indien ist schon phänomenal.
Ein weiteres Highlight schließt den Tag grandios ab. Da ich den ersten Tag in Indien noch nicht mit Streetfood starten möchte und meinen Magen erst langsam an die indische Küche und deren Hygieneverständnis gewöhnen möchte, entscheide ich mich für ein Restaurant, dass etwas versteckt in einem Hinterhof liegt. Gefunden habe ich es über Google-Maps und die Bewertungen habe ich bei TripaAdvisor auch noch einmal gecheckt: durchweg absolut positiv. Ich bestelle mir erst einmal einen Masala-Tee und später eine “Paneer Thali”-Platte. Ich bekomme einen großen Messingteller mit einem Käse, dem Paneer, eingewickelt in ein Bananenblatt. Der Paneer ist eingelegt in ein Chutney aus Minze und grünem Koriander. Dazu gibt es ein Paneer-Curry. Ein Curry hat nichts mit dem Curry in Europa zu tun. Es ist von der Konsistenz eher mit einem deutschen Gulasch zu vergleichen. Aber der Geschmack ist unheimlich vielfältig. Zum “Käse-Gulasch” gibt es noch Dhal. Dhal ist eine Linsensuppe. Dazu noch ein kleines Curry aus Auberginen und ein Dip aus Frühlingszwiebeln und Koriander mit ein bisschen Chili. Daneben liegen noch leckere fein geschnittene Zwiebeln mit Tomaten, bevor es mit gekochtem Reis mit Röstzwiebeln weitergeht. Den Abschluss in der Runde macht ein Roti. Ein Roti ist ein flaches frisches Brot, welches zum tunken in den Dhal und die Currys gegessen wird.
Schon beim ersten Bissen bekomme ich ein freudiges Strahlen ins Gesicht, soo lecker schmeckt es! Die ganze Mahlzeit schmeckt so wundervoll, dass der Körper sogar Glückshormone auslöst. WOW!
Was für ein erster Tag in Indien! Das Abenteuer Indien hat begonnen!