13. Februar 2019
Mein Wecker klingelt um kurz vor 6 Uhr morgens. Der Rucksack ist schnell gepackt und ausgecheckt bin ich auch in wenigen Sekunden. Per Taxi-App ordere ich mir ein Taxi zum Airport, da ich in der App aber erkennen kann wo der Fahrer gerade ist und er weit entfernt immer wieder im Kreis fährt, breche ich den Taxi-Auftrag ab und gehe die 1,5km einfach zu Fuß. Um 6:45 Uhr erreiche ich das Terminal 2 des Flughafens Kochi vor dem sich bereits eine lange Menschenschlange gebildet hat. Hier wird vor dem Betreten des Flughafens erst das Ticket und der Pass geprüft, anschließend durchläuft das Gepäck einen Security-Check und erst danach kann ich mich in der nächsten Schlange anstellen um mein Gepäck aufzugeben. Und danach zur nächsten Warteschlange am Security-Check. Insgesamt ist der Flughafen in Kochin, zumindest für die Inlandsflüge ziemlich schlecht organisiert und man kämpft sich von einer Warteschlange in die Nächste. Aber der Flug startet pünktlich zu meinem letzten Ziel auf meiner Indien-Tour: Mumbai, oder wie es früher unter den Briten hieß: Bombay.
In Mumbai angekommen verlaufe ich mich zuerst auf dem Flughafen, denn ich suche den Stand wo ich ein Tuktuk zu meinem Hostel bekomme. Über die OLA-App auf meinem Smartphone habe ich bereits ein Tuktuk gebucht, aber es kommt einfach nicht. Dafür ruft mich der Fahrer an und kann kein Englisch. Ich versuche mich durchzufragen, aber ich werde nur von einer Seite des Flughafens auf die andere Seite geschickt. Nach etwa einer Stunde hin- und herlaufen bekomme ich dann zwar kein Tuktuk, aber dafür ein Taxi. Und prompt stehe ich im Stau. Hier scheint es auf der Strasse überhaupt nicht vorwärts zu gehen, aber nach etwa einer halben Stunde komme ich doch am Hostel an. Beim Check-In sehe ich, dass vom Hostel aus auch Touren durch das Slum Dharavi angeboten werden und für den heutigen Nachmittag ist noch ein Platz auf einer Tour vorhanden. Gebucht!
Mit dem Taxi geht es wieder auf die andere Seite der Stadt. Wie ich erfahren habe, sind die Tuktuks im Süden der Stadt nicht erlaubt und da die Zeit schon etwas fortgeschritten ist, und ich das Bahnsystem in Mumbai noch nicht verstanden habe, nehme ich das Taxi. Unsere kleine Gruppe besteht aus 4 Personen: Unserem Guide, der auch in dem Slum aufgewachsen ist, einem englischen Päärchen mit indischen Wurzeln und mir. Das Slum Dharavi ist das größte Slum in Mumbai und etwa 2 km² groß. Hier leben etwa 1 Million Menschen.
Unser Guide ist hier aufgewachsen und weiß eine Menge zu erzählen. Über eine Eisenbahnbrücke gelangen wir zum Slum Dharavali. Von oben sieht es hier ziemlich organisiert und aufgeräumt aus. Also für indische Verhältnisse. Hier liegt genauso viel Müll herum wie in anderen Teilen Indiens auch. Die Häuser sind zwei oder drei Stockwerke hoch. Wellblech oder Plastikplanen dienen als Dächer. In der Nähe wird ein LKW mit zu Würfeln gepressten Aluminiumdosen beladen und überall stehen riesige Säcke die mit Irgendetwas gefüllt sind. Unser Guide zeigt uns ein kleines Kino in dem es keine Sitzplätze gibt, dafür kann man auf dem Boden sitzen. Durch eine kleine Gasse gelangen wir zu einem Viertel in dem alle Ecken und Wege mit Plastik vollgestellt sind. Plastik in Form von Autostoßstangen, Computergehäusen oder Gehäusen von Klimaanlagen. Das Plastik wird erst von Hand sortiert, dann geschreddert und anschließend gewaschen um es danach in große Säcke zu verpacken, denn im Umland wird der Wertstoff dann wieder eingeschmolzen. Auch ein paar Ziegen sind hier unterwegs. Um die Ecke werden Ölfässer ausgebeult und noch eine Straße weiter Farbdosen gereinigt und für die Wiederverwertung vorbereitet. Ich komme mir vor wie auf einem riesigen Recyclinghof. In diesem Slum gibt es keine Arbeitslosigkeit wird uns erklärt. Unser Guide erklärt uns auch, dass in diesem Slum Hindus, Christen und Muslime friedlich nebeneinander und miteinander leben.
Das Slum ist durch einen dreckigen schwarzen schmalen Fluss in zwei Hälften getrennt. Bisher waren wir in der “Commercial Area” unterwegs. Auf der anderen Seite liegt das Wohngebiet. Hier gibt es einige Bäcker und Näher. Auch eine kleine Ledermanufaktur verkauft hier unter eigenem Label “Dharavali” Taschen, Hüte und Jacken aus Leder. Die Gassen zwischen den Wohnhäusern sind so schmal, das von uns Europäern hier nur einer hindurchpasst. Gleichzeitig muss man aufpassen nicht in ein Loch im Boden zu treten oder an einem Kabel hängenzubleiben. Die Regierung hat in den letzten Jahren viel getan für die Bewohner des Slums. Es gibt zwei Stunden am Tag fließendes Wasser und Strom, es wurden öffentliche Toiletten gebaut und sogar neue Hochhäuser inmitten der Hütten. Aber auch Schulen und Spielplätze. Im Slum bekommt man einfach alles was man zum Leben benötigt, den auch Märkte gibt es hier.
Nach der Tour ziehen die beiden indischen Engländer (oder englischen Inder) und ich noch in ein anderes Viertel um dort einen Tee zu trinken und später gibt es zum Abendessen Chaat. Chaat sind etwa tischtennisballgroße Teigbällchen, die mit verschiedenen Zutaten gefüllt werden: Kichererbsen, Kartoffeln und verschiedene Soßen und Dips. Und im Mund entfaltet sich die ganze Vielfalt der unterschiedlichen Gwürze und Zutaten! WOW!!! Unheimlich Lecker!!
Ich fahre später mit dem Tuktuk zum Bahnhof um dann mit dem Zug weiter in den Norden der Stadt wo mein Hostel liegt. Aber vorher muss ich ein Ticket bekommen. Am Ticketautomaten bekomme ich zwar meine Verbindung ausgewählt, aber Cash bezahlen geht nur am Schalter. Also erst einmal Schlange stehen. Für 5 Rupees bekomme ich mein Ticket und zum richtigen Bahngleis frage ich mich durch. In diesem Moment rollt auch schon der Zug herein. Ein freundlicher junger Inder hat mir geholfen, denn die Schrift kann ich nicht entziffern. Erst drängeln sich viele Menschen aus dem Zug heraus und anschließend drängen sich wieder viele Menschen in den Zug hinein. Und ich mittendrin. Die Türen der Waggons bleiben auch während der Fahrt geöffnet und umso voller der Zug, umso mehr Menschen stehen während der Fahrt im Eingang während gleichzeitig der Fahrtwind um die Ohren weht.
Das ist schon ein bisschen abenteuerlich.