Indien#04: Mit falscher Adresse zur Fotoerlaubnis

22. Januar 2019

Heute morgen scheint mal nicht die Sonne. Dafür regnet es. Und es donnert. Die Blitze zucken am Himmel über Delhi. Ich mache mich aber trotzdem nach dem Frühstück auf den Weg zu Humayuns Grabmal. Den größten Teil der Strecke fahre ich heute lieber mit der U-Bahn. Das geht schneller und ist günstiger als ein Tuk Tuk. Apropos U-Bahn: Man kann zwar ohne Probleme in die Eingänge zur U-Bahn gehen und aus einem anderen Eingang bzw Ausgang wieder heraus. Aber sobald man zu den Zügen möchte, benötigt man ein Ticket. Und sogar noch vor den Ticket-Automaten gibt es einen Security Check wie er auch beim Flughafen stattfindet. Mit dem Unterschied, daß hier Soldaten oder Polizisten mit automatischen Gewehren die Checks durchführen und in einer Ecke ein Soldat mit Maschinengewehr hinter einer Barrikade den bzw die Eingänge bewacht. Na das sollte man sich mal in Berlin vorstellen.

Ich fahre also mit der U-Bahn in die Nähe von Humayuns Grabmal. Als ich aus der U-Bahn komme schüttet es in ströhmen. Na toll! Ich nehme mir für die letzten Meter ein Tuk Tuk. Auf dem Weg sehe ich immer wieder Obdachlose, die unter Planen am Straßenrand wohnen. Es sind auch ganze Familien mit Kindern dabei.

Als ich am Eingang abgesetzt werde, kommt die Sonne heraus. Das ist schon besser. Der Komplex besteht eigentlich aus mehreren Gräbern einiger Herrscher aus der Mogul-Zeit Indiens. Damals, im ausgehenden Mittelalter wurde Indien von muslimischen Herrschern beherrscht. Humayun hat sogar ein eigenes Grab für seinen Barbier bauen lassen. Er hatte großes Vertrauen zu ihm, denn er war der Einizige, der mit einem Messer an die Kehle des Herrschers durfte.

Das Grabmal Humayuns diente übrigens als Vorlage für das berühmte Taj Mahal in Agra, welches ich mir in ein paar Tagen anschauen werde. Das Grab Humayuns ist so riesig, dass es eher einem Palast gleicht. Und dieser “Palast” ist von einer riesigen Parklanschaft umgeben mit kleinen Kanälen und Springbrunnen. Im Inneren weht ein frisches Lüftchen durch die mit Ornamenten versehenen Steinfenster.

Nicht weit entfernt, denn es geht nur einmal über die Strasse, liegt ein muslimisches Viertel, das sich ”

Hazrat Nizamuddin Aulia Dargah” nennt. Auf dem Bazar verkaufen zweidrittel der Shops Rosenblüten als Kette oder als Anhänger oder auf Tellern. Ich bin weit und breit der einzige westliche Tourist. Vielleicht sogar der einzige Tourist. Durch schmale und verwinkelte Gassen geht es weiter hinein in den Bazar und dann stehe ich auch schon vor einer Moschee. Vor der Moschee steht ein kleiner, mit vielem Gold verzierter Tempel, oder ist es vielleicht auch ein Grabmal?

Überall hängen Schilder, dass Fotografieren ohne Erlaubnis verboten ist. Ich frage mich nach dieser Erlaubnis durch und gelange so zu den “Chefs”, die in einer Ecke vor dem goldenen Tempel sitzen. Ich soll meine Adresse und meine Spenden in eine Tabelle in einem Buch eintragen um eine Erlaubnis zu bekommen. Ich kann zwischen sieben oder acht verschiedenen Spenden-“Zielen” wählen. Obwohl ich nicht wirklich wählen kann, denn eigentlich soll ich für alles EXTRA spenden. Ich trage aber nur eine Spende für die Schule ein. Und eine falsche Adresse. Und bekomme meine Erlaubnis. Und ich bekomme meine Fotos.

Zeit für eine Mittagspause. Nicht weit entfernt ist der Lodhi-Park. Und Google-Maps zeigt mir ein Restaurant im Park mit hunderten guten Bewertungen an. Das ist doch bestimmt ein toller Ort zum Entspannen in der Mittagspause. Als ich am Restaurant ankomme wird allerdings gerade das Eingangstor abgerissen. Das Restaurant ist geschlossen. Naja, dann muss halt eine Packung Chips von einem der im Park herumlaufenden Händler herhalten. Die verkaufen übrigens nicht nur Chips, sondern auch Backkartoffeln, Tee und Früchte. Ich suche mir eine Parkbank und genieße meine Chips und eine “Thumbs Up”-Cola mit einer tollen Aussicht auf zwei große, pavillionartige Grabmäler im Park. Und die Eichhörnchen um mich herum freuen sich auch über ein paar Krümel von mir. Gegenüber probt eine Gruppe junger Frauen ein paar Tänze aus irgendeinem Bollywoodstreifen ein. Und überall zwitschern Vögel und Papageien.

Und wenn ich schon mal in der Gegend bin, mache ich noch einen kleinen Abstecher auf den Khan-Market. Hier gibt eine Menge Shops von der Handy-Reparatur, über Weber-Grills und Cafes bis zu mit Diamanten besetzten Ketten und Ringen. Da die Wachleute vor den Juwelieren mit Maschinenpistolen ausgestattet ist, gehe ich mal davon aus, dass die Diamanten wohl echt sind. Oder die Maschinengewehre und Wachleute sind auch Fakes 🙂

Ich gönne mir einen Blueberry-Cheese-Cake und einen Kaffee. Ich vermisse, dass es an den vielen richtig tollen Sehenswürdigkeiten keine kleinen Restaurants oder Cafés gibt. Ich würde mich gerne nach einem Rundgang zu einem Kaffee oder einem Masala-Tee  setzen und  das Erlebte kurz sacken lassen. Aber wenigstens gibt es an den meisten Stellen kostenlose Trinkwasser-Zapfstellen.

Auf der Suche nach einem Ort  zum relaxen finde ich bei Google noch einen Ort namens “Agrasen Ki Baoli“. Hierbei handelt es sich um einen Brunnen aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Hier gibt es allerdings kein Seil, an dem das Wasser heraufbefördert wird. Stattdessen führen Treppenstufen geradewegs in die Tiefe. So etwas habe ich bisher auch noch nicht gesehen.

Anschliessend geht es mit der U-Bahn wieder zurück zum Hostel. Irgendwo muss man ja mal relaxen.